Figurengedicht

Figurengedicht
Figurengedicht,
 
Bildgedicht, Gedicht, dessen Schrift- oder Druckbild einen Gegenstand, oft den besungenen Gegenstand (Becher, Herz), nachahmt; im Barock auch als »Bilderreim« bezeichnet.
 
Das antike Figurengedicht (von Theokrit u. a.), griechisch Technopaignion, lateinisch Carmen figuratum, geht auf Inschriften zurück, die im Umriss der Beschriftungsfläche kleiner Gegenstände angepasst waren. Diese manieristische Tradition wurde besonders in konstantinischer Zeit (4. Jahrhundert) durch Porphyrius Optatianus wieder belebt, dessen Figurengedicht Vorbilder zahlreicher mittelalterlicher Figurengedichte mit christlichen Figuren wie Kreuz, Kelch, Altar sind; Blüte in karolingischer Zeit durch Alkuin und Hrabanus Maurus. Das Figurengedicht wurde in der mittelalterlichen neupersischen Lyrik, seit J. C. Scaligers Poetik (1561) von der Renaissancepoetik aufgenommen und in der deutschen Barockliteratur v. a. von G. P. Harsdörffer und den Pegnitzschäfern, von J. G. Schottel und P. von Zesen gepflegt. Man fügte Gedichte in die Form von Kreuzen, Kronen, Herzen, Lauten, Pokalen u. a. In bewusstem künstlerischem Rückgriff schufen C. Morgenstern (»Die Trichter«, 1904) und A. Holz (in der Sammlung »Dafnis«, 1904) Figurengedichte, andere Dichter versuchten, den Gehalt des jeweiligen Werks im Schriftbild symbolisch darzustellen oder durch die Anordnung des Textes auf der Seite ein anregendes Zusammenspiel von Text und Schriftbild zu erreichen. Moderne Ausdrucksformen wie skripturale Malerei, konkrete Poesie, visuelle Dichtung sind zum Teil den barocken Figurengedichten verpflichtet.

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Fi|gu|ren|ge|dicht, das (Literaturw.): Gedicht, dessen Schrift od. Druckbild einen Gegenstand (oftmals den besungenen Gegenstand) nachahmt.

Universal-Lexikon. 2012.

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